Danzig

Danzig ist toll! Ich bin eigentlich gar kein Stadtmensch. Berlin, Paris, Rom habe ich alles schon gesehen. Tagelang bin ich durch diese Städte gelaufen. Wirklich begeistert hat mich keine. Gut, Boston ist schon sehr cool. Das liegt aber auch an Dunkin´ Donuts und Starbucks.

Also, Danzig war anders. Mein KurzaufdieKarteblick-Achdasfindichschon-Versuch die Jugendherberge zu finden klappte natürlich mal wieder nicht. Zwei polnische Mädchen durften dafür ihr Schulenglisch ausprobieren. Nachdem ich alles abgeladen hatte, ging ich sofort in die Stadt. Seit diesem Freitag Abend bin ich fasziniert von den vielen alten restaurierten Gebäuden, dem Hafen, den Kirchen, dem Abendlicht. Selbst die vielen Menschen die hier unterwegs waren, der Dominikanermarkt fand gerade statt, störten mich nicht. Zum Abendessen gab es wieder Pierogi mit Bier. Mittags hatten wir in Allenstein noch zum selben Preis zwei Portionen bekommen..

Zweieinhalb Tage habe ich mich dort herumgetrieben. Eigentlich immer nur in der Altstadt, bin ich einige Gassen sicherlich ein halbes Dutzend mal durchlaufen. Langweilig wurde es aber nicht. Die Straßenzüge in denen von einem auf den nächsten Moment kein Tourist mehr rumläuft waren ebenso schön wie der „Lange Markt“ und der „Krantor“ am Hafen. Auch mein Lieblingscafe habe ich gefunden. Es liegt genau dort wo es anfängt zu Regnen. Das erste Mal war ich dort mit Frank und Till, zwei Studenten aus Tübingen, die auch in der Jugendherberge übernachteten. Einer von beiden wollte wie ich einen Milchkaffee bestellen. Sehr engagiert findet er in meinem Wörterbuch die polnischen Worte für Kaffee und Milch. Ich bestelle einfach einen „Cafe Latte“. Er bekommt eine Tasse Kaffee mit einem Kännchen Milch.

Am zweiten Abend fand ein kostenloses Rockkonzert unweit der Jugi statt. Wir waren natürlich dabei. „¥zy“ heißt die Gruppe die wir und die ca. 30.000 anderen zu hören bekamen. Solider Rock in polnischer Sprache. Fraglich ist bis heute wo die in den Texten die ganzen Vokallaute herbekommen. Diese besitzt das Polnische nämlich verschwindend wenige.

Gut dass ich kein Schriftsteller bin. Ich wäre wegen Unfähigkeit arbeitslos. Als Schriftsteller könnte ich die Bilder mit entsprechenden Erzählungen untermalen. Jetzt schreibe ich wieder nur über Musik.

An meinem letzten Abend in Danzig konnte ich die deutsch-polinische Freundschaft pflegen. Nacheinander kamen ein junger Weißrusse (ok. Also auch die deutsch-weißrussische Freundschaft), ein Pole von irgendwo ausm Süden und zwei Polinnen aus Warschau in mein Jugi-Zimmer. So sind halt Jugendherbergen: Nach mittlerem Palaver verbrachten wir den Abend gemeinsam in der Stadt, fanden Übereinstimmung darüber welches das beste polnische Bier ist, debattierten ob Günter Grass nun Deutscher oder Pole sei und frühstückten am nächsten Morgen auch miteinander. Alle Einladungen und Adressen in der Tasche machte ich mich endlich auf meinem „Tank“ auf Richtung Westen. 2005 wird es heißen: Warschau ich komme! Und ja, Kompromisse sind was tolles: Günter Grass schreibt in deutsch, denkt aber wie ein Pole.